Die Problematik wurzelt wohl, die Begrifflichkeit des "Hausherren" aus #361 aufnehmend, darin, dass dieser Hausherr nicht gerade dazu auffordert, beim Betreten der heiligen Hallen leise und hinter den Ohren sauber gewaschen zu erscheinen. Sondern, dass im Gegenteil, mit der ganzen Emotionalität, welche die Veranstaltung mit sich bringt, massiv geworben, und damit zuguterletzt auch viel Geld verdient wird. Das erschwert die Frage nach der Grenzziehung eindeutig, vergleicht man es mal mit einem Museumsbesuch.
Ich selbst brauche diesen ganzen Kram nicht, der da abgeht, weder eine Choreo, noch einen Böller. Ich seh Fussballspiele immer noch am allerliebsten locker gegen die umlaufende Stankette gelehnt an, und ich brauch nicht mehr Geräuschkulisse als die Einlassungen von zwei Dutzend Bekloppter, die mit mir im Regen da herumstehen, und eben den Ansagen der interagierenden Mannschaften. Und für mich ist wirklich das beinahe einzig und allein Interessante oder Relevante das, was unmittelbar auf dem Spielfeld abgeht.
Ebenso, wie es sicherlich eine Grundtatsache ist, dass Maas als Geschäftsführer gar nicht im Benehmen stehen kann, Pyrotechnik irgendwie zu bewerten, sondern als Vertreter des Veranstalters der Polizei gegenüber im Bezug auf das Sicherheitskonzept direkt rechenschaftspflichtig ist, ist es sicherlich eine Grundtatsache, dass DFL, und notwendigerweise auch der Verein selbst als ein Bestandteil dieses Verbandes, den Fankult und dessen emotionalisierenden Beitrag zu manchmal ziemlich eintönigen Fussballspielen offensiv dazu benutzen, Werbung zu machen, und Geld damit zu verdienen. Da kommt man in den Bereich, in dem es dann profan heisst "...die Geister die ich rief..." oder so ähnlich. Allerdings hält nur das unseren Verein überhaupt am Leben. Maas kann nicht aussteigen aus der DFL, und wir können ebenfalls nicht aussteigen.
Verständlich, dass man sich trotzdem als Stimmungsmacher der Party ausgenutzt fühlt, und sich nicht einfach willkürlich an einem grünen Tisch, wo viele alte griesgrämige Typen mit autoritär geprägtem Selbstwertgefühl rumsitzen, die Grenze von oben definieren lassen will, ohne dann noch ein Mitbestimmungsrecht zu haben, gerade dann, wenn etwas derartig ambivalent hin- und herging, und damit so taktiert wurde, wie es beim Thema Pyro der Fall gewesen ist.
Allerdings muss schon jeder damit selbst adäquat umgehen, denn hier geht um individuelle und persönliche Freiheit und die natürliche Grenze davon an der Stelle, wo Interessen anderer tangiert werden. Auch innerhalb der Gruppe ist derjenige, der als Einzelner etwas tut oder lässt, verantwortlich, egal was vielleicht noch Augenblicke zuvor geschah. Und jeder, der am Spieltag zum Spiel geht, sollte wissen können, worum es dabei geht, etwa dass man dort auch als Stimmungskulisse missbraucht werden kann, oder das fette Auto eines vielleicht nur lauffaulen Stürmers mitfinanziert, das übermässige Gehalt eines reichen Funktionärs, etc. All das hat sich nicht seit gestern oder vorgestern verändert, sondern gehört seit mittlerweile undenklichen Zeiten zum Profifussball.
Man geht hin und wird Teil des Systems, oder bleibt weg, um etwas anderes zu tun. Dort hingehen, ohne Teil des Systems zu werden, wie einige vielleicht glauben, funktioniert hingegen nicht. Diese Position erzeugt lediglich den "sogenannten" Fan, der aber als solcher auch schon fester Bestandteil der Inszenierung geworden ist. Und ich denke, was die Leute an Maas und der Aufforderung auf der Homepage zum "Denunziantentum" eigentlich aufregt, liegt hierin begründet: dass genau an dieser Stelle die ganze Ambivalenz der Sachlage überdeutlich zum Ausdruck gekommen ist. Früher war es anders, aber heute ist es so; wer heute zum Fussball geht, wird dies vorfinden, und es ist seine höchst persönliche Sache, damit umzugehen, und zu tragfähigen Entscheidungen zu kommen.
Ich habe, aus den vorangestellten Gründen, immer eher eine zögerliche Haltung gehabt, wenn es zum Beispiel galt, klar für oder gegen Pyros zu sein. Aber momentan und besonders, wenn ich mir die eindimensionale Abwertung reinziehe, die einem Maas hier wegen eines einzigen vielleicht tatsächlich suboptimal gelaufenen Sachverhaltes zuteil wird, nachdem er und andere vor kurzem noch die Superhelden unserer Rettung waren, und während man zugleich ebenso vehement wie permanent anfordert, dass wir gefälligst bessere Spieler verpflichten sollen, frage ich mich, ob das Thema nicht gerade von denen selbst erledigt wurde, die es fortwährend und ohne Rücksicht auf Verluste so sehr in den Vordergrund spielen, dass davon am Ende nichts mehr übrig bleibt als klägliche Selbstbeweihräucherung.
So etwas bei Erwachsenen mit zu rechtfertigen, dazu habe ich keinerlei Bedarf. Würde es tatsächlich um Zusammenhalt und Solidarität gehen, würde man aus Zusammenhalt und Solidarität heraus auch verlangen können, dass man es schlicht und einfach wenigstens solange lässt, bis diese haarsträubende Saison zuende geht. Aber schon das scheint eine unerträgliche Zumutung zu sein.